Die Entdeckung der chinesischen Gelassenheit
Das Leben in Shanghai ist schnell, der wirtschaftliche und technische Fortschritt der letzten Jahre gewaltig. Aber sind Chinesen ein hektisches Volk?
Einerseits habe ich nicht das Gefühl, dass hier auf den Straßen und im Job Hektik herrscht. Das ewige Rennen und Wuseln, das man bei uns als Klischee eher den Japanern zuschreibt, bekomme ich nicht mit. Die Chinesen bewegen sich eher gemütlich auf den Straßen. Natürlich Hupen sie viel (siehe einer meiner ersten Blog-Einträge), aber rasen tut hier im Straßenverkehr niemand. Auch wenn jemand mit dem Roller hupend entgegen der Fahrtrichtung durch den Verkehr pflügt nehmen das die anderen Verkehrsteilnehmer gelassen hin.
In der Metro zur Rush-Hour gibt es genau eine Geschwindigkeit. Schon allein auf Grund der Menschenmassen ist es unmöglich, schneller zu rennen als der Pulk. Und mit meinen langen Schritten bin ich es meist, der genervt versucht andere Passanten zu umschiffen.
Es gibt aber zwei Situationen, in denen Chinesen Hektik an den Tag legen:
- Aufzüge. Chinesen scheinen es zu hassen, auch nur eine Sekunde zu warten bis sich die Aufzugtüre von alleine schließt. Sie hauen nahezu ausnahmslos hektisch auf den “Tür schließen” Knopf sobald alle Personen ein- bzw. ausgestiegen sind.
- Schlangen. Chinesen haben die Kunst des brav-in-der-Schlange-stehens noch nicht von uns Deutschen übernommen. Den Transrapid dafür schon. Man sieht also: der Chinese ist doch ein schneller Mensch. Sei es beim Kampf um die Obstwaage im Supermarkt oder beim Besteigen eines Busses. Hier sind definitiv Nahkampffähigkeiten von Nöten.
(Hingegen darf man es als Westler nicht als Affront verstehen, wenn sich Chinesen vor einem in die Schlange stellen. Der Deutsche Wohlfühlabstand von einem guten Meter wirkt auf Chinesen so, als stünde man gar nicht an. Also einfach so nah an den Vordermann drängen bis man ihm auf die Fersen steigt. Andere Länder, andere Bevölkerungsdichten, andere Sitten.)