Fazit

So, das Shanghai-Tagebuch wird zugeklappt. Soll ich nun also ein Fazit ziehen? Gar ein Urteil über China abgeben?

Eigentlich muss der geneigte Leser schon selbst hinfahren.  Klar ist, dass ich mit Shanghai nur einen nichtrepresentativen Teil Chinas kennengelernt habe, einen sehr westlichen. Selbst in Peking geht es – Kollegen zu Folge – bereits ganz anders zu. Und selbst Shanghai hat sich so enorm verändert in den letzten Jahren, dass einer Ex-Shanghainesin ihre Geburtsstadt fremd vorkam, als sie die Fotos in meinem Blog gesehen hat, besonders die von Pudong.

Man überprüft eine Menge Klischees und Dogmen mit denen man als Westler sein leben lang “indoktriniert” wurde. Die Chinaberichterstattung und deutschen Medien erscheint minderwertig. Zeig ein paar Bilder von der chinesischen Mauer, von einem Parteikongress und von einer bedrohlichen Militärparade, fertig ist das Urteil. Die neue rote Gefahr. Natürlich funktioniert das hier in China andersrum genauso. Auslandsnews sind ein Handshake von Obama, ein Glatteis-Unfall von Air Berlin, und etwas über den Klimagipfel, in dem bestimmt die chinesische Herangehensweise als große Lösung verkauft wurde (so wie bei uns eben immer die Welt am deutschen Vorschlag genesen soll).

Die Vorstellung, nur in einer demokratischen Gesellschaft sei Wirtschaftswachstum und Fortschritt möglich, entpuppt sich in China als falsch. Ein amerikanischer Kollege reibt sich die Augen, er fühlt sich in Shanghai freier als in L.A., wo ständig Polizei- und Militärhubschrauber über ihm kreisen. Natürlich sehe ich als westlicher Tourist nur einen Ausschnitt. Man steht auf der “guten” Seite, das eigene Haus wird nicht wegen eines Wolkenkratzers abgerissen, das eigene Geld reicht fünfmal so weit wie daheim bzw. das der meisten Chinesen in meiner Position, bei diesem Statusgewinn kann man schnell dekandent werden. Negative Seiten von denen ich nichts sehe? Bitteschön: Hier und hier.

Das schönste an ein paar Monaten in Shanghai ist wohl das Gefühl, wie es sich in Deutschland zu Wirtschaftswunderzeiten gelebt haben mag. Gestern hatte man nix, heute gibt es alles. Und man kann es sich auch zunehmend leisten. Altes wird abgerissen, Betonklötze hingestellt (und wie bei uns wir man in 20-30 Jahren vieles davon als Bausünde sehen, was heute eben noch modern ist, und froh auf das restaurierte Alte sein). Und auch Umweltbewusstsein setzt sich durch, schließlich gibt es nun eine gutsituierte Mittelschicht, die nun auch Bock auf saubere Luft und Grünflächen hat.

Aber politisch soll mein Reisebericht nicht enden. Ich schließe lieber mit ein paar Panoramafotos aus den vergangenen Monaten!

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