Böller statt Brot
Samstag, 13. Februar, erster Tag des Frühlingsfests und Feuerwerkstag. An einer Bude am Straßenrand werden Kracher in allen Größen und Preisklassen feilgeboten. Für die Kleinen z.B. ein halbes Dutzend Chinaböller für 10 RMB.
Ich entscheide mich für eine 10.000er Packung Ladycracker, ein 3 Meter langer Gurt mit einer höchstens 1 cm langen Zündschnur. 7 Euro. Für chinesische Verhältnisse schonmal nicht ganz billig, da bietet mir der Verkäufer stolz eine Kiste an, die er hinter sich im Regal stehen hat. Ich erkenne nur den Preis – 480 Yuan – und winke ab. Das ist mehr als ich gestern für ein Essen im 3TOP inklusive Cocktails ausgegeben habe.
Am Nachmittag genehmigen wir uns noch einen Kaffee. Gerade noch rechtzeitig, denn um 5 schließen alle Geschäfte und es wird leer auf den Straßen, selbst am People’s Square, wo es samstags normalerweise vor Menschen wimmelt. Dafür fängt bei Einbruch der Dunkelheit die Knallerei an. Am Straßenrand bringen ein paar Jugendliche ein paar Böller in Position. Als sie nach dem Anzünden davonrennen habe ich das dumme Gefühl, dass mein deutscher Sicherheitsabstand womöglich nicht reichen wird. WUMMS. Mit der ersten Explosion werden ihre Dynamitstangen 5 Meter in die Luft gefeuert, wo sie mit einem zweiten Donnerschlag in rote Schnipsel zerfetzt werden. Chinesisches Feuerwerk legt es vor allem darauf an, laut zu sein. Natürlich gibt es auch bunte Raketen, aber auch die explodieren zusätzlich mit lautem Knall und einem hellen Blitz.
Tiger Tiger Tiger
Shanghai macht sich bereit für das anstehende Neujahrsfest. Unsere Kollegen freuen sich auf die Heimreise zur Familie, und bei Einbruch der Dämmerung krachen die ersten Böller und Raketen. In den Einkaufszentren geht es zu wie in Deutschland am 23. Dezember und das Sternzeichen für 2010 – der Tiger – wird auf absolut allem abgedruckt was man bedrucken kann. Der Rest wird zumindest mal rot eingefärbt.
Meinen ersten Tiger habe ich gleich nach meiner Ankunft in der Firma überreich bekommen. Für alle Mitarbeiter gab es rote Schachteln mit einer Glückwunschkarte und einer Packung Ferrero Rocher.
Gold tut es den Chinesen an, denn auch die Schrift auf dem Säckchen bedeutet irgendwas mit “reich werden”. Traditionell schenkt man Kindern rote Umschläge mit Geld drinnen. So weit ging die Firma dann doch nicht 🙂 Aber süß isser ja, der kleine. Es gibt in den Geschäften auch ganz andere Genossen, die aussehen als wären sie letztes Jahr als Kuh verkauft worden und würden nächstes Mal mit minimalen kosmetischen Änderungen nochmal als Hase durchgehen können.
Ich bin gespannt, was mich in den kommenden Tagen erwartet. Wikipedia zu Folge geht das ganze Gefeiere und Geböllere 15 Tage lang…
Tiger auf der Kleenex-Packung:
mehr Tiger:
Zurück
Nach fast einem Monat Urlaub zu Hause – der Grund für das Ausbleiben weiterer Shanghai-Berichte – geht es nun wieder zurück nach China. Für kurze aber arbeitsintensive 3 Wochen. Aber zumindest während des chinesischen Neujahrsfest wird es das eine oder andere Lebenszeichen von mir geben bevor mein Reisetagebuch zugeklappt werden wird.
Mit im Gepäck: Eine Packung Lindt-Schoki für chinesische Kollegen. Ich glaube, damit tue ich ihnen einen größeren Gefallen als meinen deutschen Freunden, denen ich damals aus Shanghai ein buntes Snack-Allerlei bestehend aus eingelegtem Tofu, eingeschweißten Hühnerfüßen und sonstigem abgelaufenen Glibber (in bunter Verpackung) mitgebracht habe.
World Financial Center
Anfang der 90er Jahre war jenseits des Flusses außer ein paar Schuppen gar nichts los. Dann wurde Shanghai zur Sonderwirtschaftszone ausgerufen, ausländische Investitionen und Immobilienspekulation erleichtert und 20 Jahre später haben wir Pudong: Shanghai’s Finanzzentrum am anderen Flussufer mit Hochhäusern soweit das Auge reicht.
Neben dem seltsam antiquierten, retrofuturistischen Fernsehturm und dem hübschen Jin Mao Tower bäumt sich seit einiger Zeit das World Financial Center auf, der mit 492m größte Wolkenkratzer Shanghais und mit seiner genial simplen Form auch der größte Flaschenöffner der Welt. Kein Besuch in Shanghai sollte ohne eine Visite auf dem inzwischen auf den dritten Platz der weltweit höchsten Gebäude abgerutschten Gebäude verstreichen.
Es gibt eine Besucherplattform im 100. Stock, die jedoch mit stolzen 150 Yuan zu Buche schlägt. Statt dessen entscheidet sich der Schwabe in mir für einen Besuch in der Bar des Hyatt-Hotels ein paar Stockwerke drunter. Wenn Platz ist bekommt man fast den selben Ausblick und zahlt einen Cocktail für “bloß” 80 Yuan.
Es ist ein seltenes Gefühl, auf einen anderen Wolkenkratzer herunterzublicken. Und in ein paar Jahren wird ein dritter Wolkenkratzer Jin Mao und SWFC überflügeln: Das Fundament des Shanghai Towers wird gerade gegossen.
Fotos mit etwas weniger Nebel gibt es im Blog von Michael.
Chinesisch Essen 6
Seit Wochen esse ich fast jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit einen dieser köstlichen Pfannkuchen beim Straßenhändler. Ein Teig wird Crêpe-artig ausgestrichen, ein Ei drauf ausgeschlagen und verteilt. Dann Frühlingszwiebeln und Koriander drauf, sowie eine süßliche Soße und Chilipaste. Der Clou ist, dass das ganze dann um ein frittiertes Stück Teig gewickelt wird, so dass man nicht wie beim französischen Crêpe einen pappigen dünnen Fladen durch die Finger glitschen hat, sondern dass man herzhaft reinbeißen kann. Zweieinhalb Yuan das Stück.
Endlich habe ich auch herausgefunden, um was es sich handelt. Die Pfannkuchen nennen sich “jian bing“, und die Soße “tian mian jiang” (Süße Mehlsoße).
WiFi
Hab mir nen WLAN-Router gekauft. Das Ding zu konfigurieren ist ein bisschen schwieriger als es zu kaufen 🙂
Zum Glück sind die Menüs und Eingabefelder überall auf der Welt ähnlich, und wenn ich das Passwort gleich richtig eingegeben hätte, wäre alles mit wenigen Klicks fertig gewesen. So hat es ein paar mehr Anläufe gebraucht, mit nem Kollegen als Dolmetscher und dem guten alten LEO, bei dem man inzwischen auch auf Chinesisch Zeichen für Zeichen nachschlagen kann.